Die Tradition, Heilung mit den Händen zu bringen, gibt es in jeder Kultur! Unter den Namen: Schamanen/innen, Priester/innen, Medizinmann/frau, Druiden, Hexen und Heiler/innen wie Jesus, Buddha, Hildegard von Bingen usw. gibt es viele überlieferte Geschichten und Legenden. Alle haben den gleichen Kernpunkt, auch wenn sie aus verschieden Glaubenssystemen und Ländern kommen! Auch das Reiki, geprägt von Fernöstlichen Einfluss, fällt in diese Kategorie.
Die Geschichte des heute allgemein als Reiki bezeichneten Usui-Systems der natürlichen Heilung begann vor etwa 100 Jahren in Japan. Da heute nicht mehr alle Details eindeutig nachzuweisen sind, fällt ein Teil der Geschichte in den Bereich der Legende!
Dr. Mikao Usui, 1865 im Süden Japans geboren, wirkte als Lehrer an einer christlichen Missionsschule in Japan. Während einer Unterrichtsstunde, in der seine Schüler wissen wollten ob er die Aussagen der Bibel für wahr hielt, nahm alles seinen Anfang. Nachdem Usui diese Frage bejaht hatte, fragten seine Schüler ihn nach den Heilungen, die Jesus vollbracht hatte. Angeblich hatte dieser gesagt, dass alle, die ihm nachfolgen würden, diese Gabe erhalten und genauso würden heilen können wie Jesus selbst. Usui konnte darauf keine klärende Antwort geben. Die Sache ließ ihm keine Ruhe. So wurde er vom Lehrenden selbst wieder zum Schüler, da er eine Antwort finden wollte. Er legte seine Arbeit nieder, ging in die USA und forschte in christlichen Quellen nach, indem er in Chicago mehrere Jahre lang Theologie studierte.
Von dort führte ihn sein Weg zurück nach Japan, weil er herausgefunden hatte, dass das Heilen durch Handauflegen in vielen Religionen erwähnt wird, so auch in der älteren Religion des Buddhismus. Zu diesem Zweck hatte er sich in ein buddhistisches Kloster zurückgezogen, um die Bibliothek frei nutzen zu können. Usui war befreundet mit dem Abt und als er auch dort an die Grenzen seiner Möglichkeiten stieß, kamen beide zu dem Entschluss, dass eventuell der direkte Erfahrungsweg über Meditation und Fasten zu einer Klärung beitragen könnte.
Usui zog sich daraufhin fastend für 21 Tage auf einen heiligen Berg zurück und bat um Hilfe, um in Abgeschiedenheit und Meditation vielleicht eine Antwort auf seine brennende Frage zu erfahren. Die Zeit verstrich, aber er war der Erkenntnis nicht näher gekommen. Am letzten Tag schließlich geschah das, worauf er gehofft hatte. Wie die Legende beschreibt, sah er Symbole und Zeichen, deren Bedeutung und Verwendung ihm eingegeben wurde. Er hatte sie in alten Schriften zwar gesehen, aber nichts mit ihnen anfangen können. Durch ein mystisches Ereignis wurde er selbst eingeweiht und konnte von da an als Kanal Reiki an andere Menschen weitergeben, ohne seine eigene Energie mit einfließen zu lassen.
Usui beschloss den Ärmsten zu helfen, um die sich niemand kümmerte. Er ging nach Kyoto und verteilte kostenlos Reiki an Bedürftige im Bettlerviertel. Er half vielen Menschen gesund zu werden, Arbeit und Unterkunft zu finden und aus dem Elend herauszukommen. Die meisten jedoch fielen nach kurzer Zeit zurück in denselben Zustand wie vor seiner Hilfe. Sie ließen sich lediglich bereitwillig aufladen mit hilfreicher Energie, waren aber nicht bereit, aus eigenem Antrieb im Alltag verantwortungsvoll und selbstbewusst aktiv zu sein. Usui hatte nicht vor, sein Leben lang andere Menschen mit Energie aufzuladen, um anschließend enttäuscht festzustellen, dass die Menschen das gratis Gegebene annahmen und sich freuten über positive Veränderungen, dass ihnen aber darüber hinausgehender körperlicher oder geistiger Einsatz zu viel verlangt war.
Er kehrte also Kyoto den Rücken und eröffnete eine Klinik, in der er denen half, die zumindest teilweise bereit waren Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen, indem sie durch Zahlung eines Geldbetrages oder durch das Erbringen einer Gegenleistung den Wert der Hilfe zu schätzen begannen und achtsam damit umgingen. Usui hatte begriffen, dass das, was die Menschen nichts kostet, nach einer gewissen Zeit verworfen und schlecht behandelt wird. Er hatte begriffen, dass für eine dauerhafte körperliche Heilung die geistige Heilung Voraussetzung ist. Ansonsten kehren die körperlichen Krankheitssymptome zurück in derselben oder noch aussagekräftigerer Form. Daraufhin entwickelte Usui die fünf Lebensregeln, die für eine körperliche und geistige Heilung untrennbar zusammengehören.
Usui wollte sein Wissen weitergeben, jedoch an Menschen, die er auch für fähig hielt, mit dieser Gabe umzugehen und sie sinnvoll einzusetzen. Daher weihte er auch nur ausgewählte Personen, die er genau prüfte und während ihrer Ausbildungszeit beobachtete, in die höheren Reiki-Grade ein. Er wollte verhindern, dass aus Reiki ein Wegwerfartikel würde.
Dr. Chijuro Hayashi, ein pensionierter Marinearzt, war der bedeutendste Schüler Usuis und führte nach dessen Tod als Reiki-Großmeister sein Lebenswerk fort. Er begründete in Tokyo eine Reiki-Klinik, in der ausschließlich mit Reiki gearbeitet wurde und die seinerzeit in Japan sehr bekannt war. Er systematisierte die Hinterlassenschaft von Usui. Auf ihn geht die Form des traditionellen Reiki-Unterrichts zurück. 1935 behandelte er eine junge Frau aus Hawaii namens Hawayo Takata wegen eines Krebsleidens. Nach einigen Monaten der Behandlung, in der eine deutliche Besserung eingetreten war, bat sie Dr. Hayashi um die Einweihung ins Reiki, um sich nach ihrer Rückkehr nach Hawaii selbst behandeln zu können. Zur damaligen Zeit war es aber aus gesellschaftlichen Gründen in Japan unvorstellbar eine Frau, und dann auch noch eine Ausländerin, als Schülerin aufzunehmen und einzuweihen. Sie blieb jedoch hartnäckig und bewies ihr Engagement und ihre Eignung, so dass sie nach anfänglicher Skepsis in den ersten Grad eingeweiht wurde und nach intensiver Praxis in der Klinik in den zweiten Grad.
Zurückgekehrt nach Hawaii eröffnete Frau Hawayo Takata eine Reiki-Praxis in ihrem Haus. Dr. Hayashi, der sie dort besuchte, bildete sie nun zur Reiki-Meisterin aus. Sie unterrichtete zunächst in Hawaii und später in den USA. Mit dem Beginn des zweiten Weltkrieges wurde Dr. Hayashi klar, dass wenn Japan in den Krieg eintreten würde, dies gewaltige Veränderungen in der japanischen Kultur zur Folge hätte und das Erbe, das Wissen, die Bemühungen von ihm und Dr. Usui in den Kriegswirren verlorengehen könnten. Kurz vor seinem Tod ernannte er 1941 Frau Takata zu seiner Nachfolgerin. Sie setzte nach dem zweiten Weltkrieg die Arbeit fort.
Fast vierzig Jahre lang blieb sie die einzige im Westen wirkende Reiki-Meisterin. Erst gegen Ende ihres Lebens bildete sie andere Menschen zu Reiki-Meistern aus, u.a. ihre Enkelin Frau Furumoto. 1980 gab es im Westen 22 Reiki-Meister. Sie trafen sich nach dem Tod von Frau Takata und wählten Frau Phyllis Lei Furumoto zur Großmeisterin. Die Reiki Alliance wurde gebildet. 1988 gab Frau Furumoto die Ausbildung von Reiki-Meistern frei, wegen der explosionsartig gestiegenen Nachfrage, die bis dahin allein in der Hand des Reiki-Großmeisters lag. Ihre Bitte war es, die Tradition des Usui-Systems zu wahren und bestimmte Empfehlungen bei der Ausbildung zu beachten. Dies wurde nicht von allen Reiki-Meistern befolgt und damit begann die Zersplitterung des Usui-Systems in viele Linien.